Politik

Kritik am Besuch von Papst Benedikt XVI in Bayern im Jahre 2006

Vom 9. bis 14. September 2006 fand unter dem schönen Motto „Wer glaubt ist nie allein“ ein pastoraler Staatsbesuch statt. Papst Benedikt XVI. besuchte damals sein Heimatland Bayern. In diesem Zuge nahmen mehrere Hunderttausend Gläubige an Messen in München, Regensburg, Altötting und Freising teil. Begleitet wurde der Papst von dem vatikanischen Kardinalstaatssekretär und Dekan des Kardinalskollegiums Angelo Sodano.

Schon vor seiner Wahl zum Papst hatte Kardinal Ratzinger der bayerischen Staatsregierung und den bayerischen Bischöfen den baldigen Besuch versprochen. Prompt wurde dieser Besuch sogleich am 22. März 2006 im Rahmen der damaligen Bischofskonferenz offiziell angekündigt.

So viel zum Rückblick, kommen wir nun zurück in die Gegenwart. Die katholische Kirche wurde durch das aktuelle Münchener Missbrauchsgutachten mehr als erschüttert, denn im Zentrum des Geschehens steht ausgerechnet der emeritierte Papst. „Desaströses Verhalten“ nennt es der Vorsitzende der Bischofskonferenz Georg Bätzing.

Der Aachener Bischof Helmut Dieser forderte nun ein öffentliches Schuldeingeständnis des früheren Kardinals Joseph Ratzinger, der von 1977 bis 1982 das Erzbistum München und Freising geleitet hatte. Das Erzbistum hat selbst das Gutachten in Auftrag gegeben, dass zu dem Ergebnis gekommen ist, dass in der Diözese viele Fälle sexuellen Missbrauchs jahrzehntelang nicht angemessen aufgeklärt wurden. Hierbei war Benedikts Rolle sogar besonders brisant. In diesem Zusammenhang werden ihm persönlich vier Fälle des Fehlverhaltens angelastet. Helmut Dieser wird in der Bischofskonferenz eher im Lager der Reformer gesehen und ist darüber traurig und sogar wütend, so drückte er es in seiner Predigt im Aachener Dom aus, dass wir alle mit dieser Unfähigkeit konfrontiert sind, eigene Verantwortung zu spüren, die Schuld einzugestehen und um Vergebung zu bitten. Nicht einmal ein Hauch des Bedauerns und des Schmerzes über den mitverursachten Anteil an der Tragödie war beim ehemaligen Papst erkennbar.

Der Limburger Bischof Bätzing weiß, wie sehr diese Situation so viele Gläubige belastet, müssen sie sich doch oft genug bei Familienangehörigen und Freunden dafür rechtfertigen, dass sie „diesem Verein“ noch nicht den Rücken gekehrt haben. So appellierte er an die Gläubigen, dass sie ihren Mut nicht verlieren mögen, denn es werde jetzt getan, was getan werden müsse. Die Justiz prüft jedenfalls zurzeit, ob das Gutachten strafrechtlich Relevantes an den Tag legt. So untersucht die Münchner Staatsanwaltschaft gerade 42 Fälle mutmaßlichen Fehlverhaltens von kirchlichen Verantwortungsträgern.

Annette Kurschus ist die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und geht von systemischen Ursachen bei den meisten Fällen sexuellen Missbrauchs in der Kirche aus. In der evangelischen Kirche sei zwar manches anders gelagert als in der katholischen Kirche, aber auch in ihren Reihen sei durch sexualisierte Gewalt leider viel Vertrauen zerstört worden. Es wird nicht einfach sein, dieses bei den Menschen zurückzugewinnen.

Der Privatsekretär des emeritierten Papstes Georg Gänswein kämpft indes um dessen guten Ruf und beklagt eine „dreckige“ Kampagne gegen ihn. Der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck teilte mit, dass sich einige Opfer sexualisierter Gewalt bei dem Interventionsbeauftragten des Bistums über Benedikts Bitte um Entschuldigung eher enttäuscht und teilweise sogar entrüstet gezeigt hätten. Von fehlender Empathie des 94-Jährigen gegenüber den Betroffenen sprach die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) Irme Stetter-Karp.

In seiner persönlichen Stellungnahme zu dem am 20. Januar 2022 vorgestellten Gutachten räumte Joseph Ratzinger eine Mitschuld der kirchlichen Verantwortlichen ein und äußerte in seinem Brief „tiefe Scham“ und seine „aufrichtige Bitte um Entschuldigung gegenüber allen Opfern sexuellen Missbrauchs“.

Einen Anstoß der Empörung löste allerdings aus, dass er es vehement abstritt, im Jahre 1980 an einer brisanten Sitzung der Kirchenleitung anwesend gewesen zu sein. Daher warfen ihm die Gutachter vor, die Unwahrheit zu sagen. Wenige Tage später sollen es dann Fehler bei der redaktionellen Bearbeitung seiner Stellungnahme gewesen sein, die die Tatsache so verdrehten, dass er damals doch dabei gewesen war.

Die Nachrichtenlage über Benedikts Brief erhöht auf jeden Fall den Druck auf die italienischen Bischöfe, nun auch noch eine eigene Untersuchungskommission einzurichten. Genau das fordern nämlich die Betroffenenverbände.

Kardinal Wetter gibt seine Ehrenbürgerwürde zurück

Wegen der im Missbrauchsgutachten geäußerten Vorwürfe gibt der frühere Münchner Kardinal Friedrich Wetter seine Ehrenbürgerschaft der Stadt Landau (Pfalz) zurück. Er begründete dies damit, dass er es vermeiden wolle, dass durch die Auseinandersetzungen um seine Person in seiner Heimatstadt der Friede gestört werde.

Die Münchner Gutachter warfen Wetter Fehlverhalten in 21 Missbrauchsfällen vor. Dafür übernahm er die Verantwortung und räumte zugleich ein, dass er sich vor 2010 nicht eingehend genug mit jenen fatalen und zerstörerischen Folgen der Missbrauchstaten für die Kinder und Jugendlichen beschäftigt hatte.

Wetter war im Jahre 1982 der Nachfolger von Ratzinger und damit Erzbischof von München und Freising geworden. Inzwischen wird in Regensburg, Freising und im Landkreis Traunstein darüber diskutiert, Ratzinger die Ehrenbürgerwürde zu entziehen.

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Dieser Beitrag wurde am 17.03.2022 erstellt.

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